Mein Mindset – die Vorauswahl des Möglichen

ErkundenMein Mindset ist meine Fühl-, Denk und Handlungslogik und wie das Wort schon sagt, beginnt es mit den Gedanken. Sie glauben, Ihre Gedanken sind frei? Fragen Sie mal Ihre Mitarbeiter*innen und Kolleg*innen, Ihre Lieben zu Hause und Freunde, was für Sie NICHT geht, was Tabu-Themen oder Fragen sind - und da wird es sicher Antworten geben. Für den Einen mag das sein, dass eine Teamsitzung nicht länger als eine Stunde dauern darf, weil alles andere nur „Gelaber“ sein kann. Für die Andere mag das sein, dass man als Führungskraft nicht über eigene Fehler spricht, um das Gesicht nicht zu verlieren. Für den wieder Nächsten ist es tabu, dass die Jüngste im Team bereits in der ersten Woche die Standards hinterfragt. Oder es könnte sein, dass Menschen mit bestimmten Merkmalen erst gar nicht eingestellt werden.

Das Mindset ist eine Sortiermaschine, die gleich etwas ausschließt. Für Zukunftsfähigkeit ist es manchmal unabdingbar, die Maschine neu einstellen zu können, denn vielleicht ist die alte Voreinstellung gar nicht mehr hilfreich. Wir brauchen Beweglichkeit in den Möglichkeiten – das, was wir Agilität nennen.

In vier Schritten können Sie Ihre Sortiermaschine neu einstellen:

Schritt 1:

Erkenntnis ist der erste Schritt, um das Mindset zu verändern. Welche Zutaten braucht es dazu?

Das Gefühl, dass der Verlust der alten Sicherheiten mich und das Team nicht „umhaut“. Also eine Gewissheit, dass auch das Neue, das scheinbar Ver-rückte nicht zur Ausgrenzung führt. Der Boden muss bereitet sein, damit überhaupt das Mindset offen angeschaut werden kann. Wenn die äußere Sicherheit nicht gegeben ist, braucht es psychologische Sicherheit, die Sicherheit, dass meine psychologischen Grundbedürfnisse nach Zugehörigkeit, Autonomie und Selbstwert in diesem Prozess gewährleistet sind. Außerdem sollte spürbar werden, dass das Neue auch Lust bereiten kann. Ich brauche die Erfahrung, nicht schmerzlich verletzt zu werden durch meinen Mut, etwas zu wagen.

Unabhängig davon, ob wir uns Agilität auf die Fahnen schreiben und nun mit klassischen agilen Methoden arbeiten, braucht es die Reflexion dessen, wo wir eng und eingefahren sind. Es braucht Selbstreflexion – die gut im Coaching begleitet wird - wenn es um das individuelle Mindset geht. Es braucht Reflexion im Team, wenn es um die informellen Normen im Team geht. Hierzu gibt es einige hilfreiche Methoden, die ich gern in Workshops anbiete. Oder aber, die gesamte Organisation will sich in einen Transformationsprozess begeben und sich neu ausrichten: Dann braucht es Reflexion in der gesamten Organisation – umgesetzt mit Stellvertreter*innen einzelner Gruppierungen innerhalb der Organisation oder je nach Größe der Organisation durch eine moderierte Großgruppenmethode. Immer gehört dazu auch Feedback. Feedback geben und Feedback nehmen. Wie das geht, wissen wir oft in der Theorie – doch in der Praxis will es mit der richtigen Grundeinstellung geübt werden.

Schritt 2:

Der zweite Schritt ist die kreative Entwicklung des Neuen – das kostet in der Regel gar keine Mühe mehr. Der Wegfall der Begrenzung führt in die Weite. Das Biegen und Brechen und neu Verbinden von Altem und Neuem – diese lustvolle Kreativität kann nun mit der Infragestellung der alten Denktabus so richtig in Fahrt kommen. Es gibt einfache, schnell umsetzbare Kreativitätstechniken, die in Teams unkompliziert umgesetzt werden können, die ich gern in Teams anwende. Die einfachste Technik ist das Brainstorming – und damit sich nicht alle an den ersten Einfall anhängen, ist das Brainwriting im Einzel vorweg die sicherste Methode, um auch die Ideen der stillen Teammitglieder mit einfließen zu lassen.

Schritt 3:

„Wer für alles offen ist, kann nicht ganz dicht sein“ – heißt ein alter Spruch. Um handlungsfähig zu sein, benötige ich Prämissen, auf die ich mein Tun stelle. Es gilt also, einen klaren Fokus zu setzen für das Neue. Es braucht eine Entscheidung. In Teams sind Entscheidungen eine Herausforderung. Entscheidung nach dem Mehrheitsprinzip? Das führt zu Frust. Entscheidung nach dem Konsensprinzip? Das führt oft zu einer never ending story. Dann doch lieber eine Entscheidung top down? Das kann mal notwendig sein – aber bitte auf die Auswirkungen, besonders im Hinblick auf die Motivation achten! Eine gute Möglichkeit aus der agilen Trickkiste ist die Konsent-Entscheidung, eine Entscheidung danach, wo der geringste Widerstand liegt. Der Prozess von Entscheidungen bekommt in beweglichen Zeiten ein neues Gewicht. Entweder – Oder war gestern. Die Komplexität unserer Zeit ist zu hoch für einfache Lösungen. Ein neues Jonglieren mit Ambivalenzen ist gefragt.

Schritt 4:

Die Implementierung des neuen Mindsets durch die Praxis. Man kann für den Einzelnen fast von Inkorporierung sprechen, denn es fühlt sich anders an, anders zu denken und zu handeln. Ich stehe anderen Menschen anders gegenüber, gehe anders an Arbeiten heran, richte mich neu aus, packe anders zu. Wie schaffe ich das?

Ich brauche Wiederholungen im Tun. Das geschieht durch Gewohnheiten. Eine neue Kultur implementiert sich an den Orten der Begegnung, so z.B. in der Regelkommunikation. Welche neue Gewohnheit passt zu dem, wie wir miteinander arbeiten wollen? Wie schaffen wir hier Vertrauen und Zuversicht in die Zukunft? Wie schaffen wir hier psychologische Sicherheit? Aber auch im informellen Bereich, den Tür- und Angelgesprächen: Durch welche Handlung setze ich das neue Mindset um? Ganz konkret: Frage ich als Führungskraft zunächst nach dem, was erreicht wurde oder gebe ich direkt Rückmeldung über das, was noch fehlt? Tipps für Regelkommunikation wie informelle Kommunikation gibt es reichlich – auch in der Führung auf Distanz.

Und ich brauche ein Umfeld, welches das neue Mindset stützt. Es braucht immer Menschen, die mitziehen, die das Neue nicht vergessen, sondern darauf bestehen. Es braucht vielleicht auch ein paar neue Menschen, die das haben, was wir vorher nicht hatten. Dazu ist es wichtig, bei Neueinstellungen die alte Brille abzusetzen, die eigenen Vorurteile zu hinterfragen und Neues zuzulassen. Es gibt vielleicht auch ein paar Menschen, die bei dem Neuen nicht mitgehen können. Wo ist der richtige Platz für diese? Wo können Sie wirken, ohne den neuen Weg zu blockieren?

Wissen Sie, was das Erfreulichste daran ist, das Mindset zu erweitern? Es wirkt nicht nur im Beruflichen sondern auch im Privaten. Die Reflexion eigener Begrenzungen, die Entscheidung für mehr Weite und die tatkräftige Umsetzung neuer Möglichkeiten in eine Zukunft, auf die wir Einfluss haben, ist bereits ein Mindset, mit dem wir nicht nur selbst sinnvoll leben, sondern unsere Mitmenschen genau dazu animieren.

Inspiriert wurde ich zu diesem Beitrag von

Svenja Hoferts neuem Buch „Business Slow Down. Co-kreativ führen in postagilen Zeiten“ – vor allem zum Bereich der Kreativität.

Wiederfinden werden Sie die Inhalte z.B. in meinem Seminar

https://www.helfenmitprofil.de/programm/personalentwicklung-kommunikation/kw/bereich/kursdetails/kurs/N80F3BF09B/kursname/Agiles+Handeln+in+traditionellen+Organisationen/kategorie-id/7/